Unter Anwendung der agilen Produktentwicklungsmethode Scrum führte das Bauhaus Luftfahrt im Jahr 2011 ein interdisziplinäres Gruppendesignprojekt durch. Dieses Projekt diente als Grundlage für eine detaillierte Konzeptstudie zur Entwicklung einer möglichen emissionsfreien Flugzeuglösung, die den Namen „Ce-Liner“ erhielt. Im Rahmen dieses Projekts wurden Anforderungen und Technologien ermittelt, die zum Entwurf eines Großraumflugzeugs führten, das von zwei Elektromotoren am hinteren Rumpf angetrieben wird. Der geplante Inbetriebnahmezeitpunkt für den Ce-Liner wird für das Jahr 2035 angestrebt. Die erste öffentliche Vorstellung fand auf der ILA Berlin Air Show im September 2012 statt.

Ein herausragendes Merkmal des Ce-Liners ist seine innovative C-Flügel-Konstruktion, die eine hohe aerodynamische Effizienz gewährleistet, um eine größere Flügelspannweite  zu ermöglichen, die aufgrund des deutlich höheren Gewichts und damit der größeren Flügelfläche eines rein batteriebetriebenen Elektroflugzeugs erforderlich ist. Diese vorgeschlagene Konfiguration ermöglicht es dem Ce-Liner, bestimmte Leistungsanforderungen zu erfüllen, darunter eine Reichweite von 900 Seemeilen, eine Reiseflughöhe von 33.000 Fuß und eine Reisegeschwindigkeit von Mach 0,75. Die Standardversion des Ce-Liners bietet Platz für 189 Passagiere in einer Economy-Class-Ausstattung mit zwei Pilot*innen und fünf Besatzungsmitgliedern. Zusätzlich wurde eine gestreckte Version für bis zu 233 Passagiere und eine verkürzte Version für 140 Passagiere in Betracht gezogen.

Die bedeutendste Innovation des Ce-Liners liegt in seinem vollständig elektrischen Energie- und Antriebssystem, das das Potenzial hat, sogar die ehrgeizigen Emissionsziele des Flightpath 2050 zu übertreffen, wodurch es zu seiner Zeit zum Hauptfokus der Aktivitäten wurde. Das Flugzeug ist mit zwei Fans ausgestattet, die von Hochtemperatur-supraleitenden Elektromotoren angetrieben und von modernen Lithium-Ionen-Batterien gespeist werden. Bis zu 16 Batteriemodule würden in speziell angepassten LD3-Frachtcontainern, den sogenannten Charge Carrying Containern (3C), untergebracht werden.

Ein weiteres Merkmal des Ce-Liners ist sein neuartiger selbsttrimmender Flügel, der im Gegensatz zur heutigen Flugzeuggeneration mittels Morphing-Techniken kontinuierlich seine Form an die optimalen Flugbedingungen anpasst. Um die festgelegte Bodenstandzeit von 30 Minuten für den Ce-Liner einzuhalten und ausreichend Platz für große Batterien zu schaffen, verfügt das Flugzeug über einen vergleichsweise großzügigen Rumpfquerschnitt. Dies ermöglicht eine Kabine mit sieben Sitzen in Zweierbestuhlung pro Reihe. Das darunterliegende Frachtdeck bietet Platz für zwei nebeneinander angeordnete 3C- oder LD3-Container. Das Design berücksichtigt die erwarteten Körpermaße und das Gewicht der Passagiere im Jahr 2035 sowie ihres Gepäcks und umfasst technische Innovationen. Wichtige technologische Anforderungen für eine mögliche Umsetzung des Ce-Liner-Konzeptes wurden identifiziert. Die entscheidendste Voraussetzung ist die Energiedichte der Batterien mit einem angestrebten Zielwert von 2000Wh/kg, was etwa dem Acht- bis Zehnfachen damaligen Standes der Technik im Jahr 2012 entspricht. Das Triebwerk verwendet Mantelpropeller, die von HTS-Elektromotoren (High-Temperature Super-conducting) angetrieben werden, und die Systemarchitektur des Flugzeugs basiert auf einer universell-elektrischen Systemarchitektur (UESA). 

Um auf dem zukünftigen Markt erfolgreich zu sein, muss der Ce-Liner jedoch die Passagiere überzeugen, die Zustimmung der Regulierungsbehörden erhalten und die Unterstützung der kostenbewussten Entscheidungsträger*innen in der Luftfahrtindustrie gewinnen. Die Betriebskosten werden maßgeblich von den Energiekosten bestimmt, insbesondere von den Kosten für elektrische Energie. Forscher*innen am Bauhaus Luftfahrt schätzen, dass der Betrieb eines elektrischen Verkehrsflugzeugs bei den zu erwartenden zukünftigen Strompreisen im Vergleich zu fossilen Treibstoffen kostenneutral sein kann. Dieser Vergleich basiert auf einer evolutionären Entwicklung der aktuellen Flugzeugtechnologie. Zusätzlich könnten Ce-Liner von Umweltaufschlägen, wie sie an Flughäfen oder im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems erhoben werden, befreit werden.

Das Bauhaus Luftfahrt strebt an, aktiv die Diskussion über die Zukunft der Elektromobilität in der Luftfahrt voranzutreiben und neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu fördern. Dabei möchte es die Ergebnisse des Gruppendesignprojekts in der Industrie, der Wissenschaft, den Medien und der breiten Öffentlichkeit bekannt machen. Die überaus positive Resonanz auf die öffentliche Ausstellung des Ce-Liners auf der ILA Berlin Air Show hat die Forscher*innen darin bestärkt, die Entwicklung und Präsentation innovativer interdisziplinärer Konzepte für den zukünftigen Flugverkehr fortzuführen.